Cartellverband gedenkt der NS-Opfer
Viele Cartellbrüder ließen als Märtyrer in der NS-Zeit ihr Leben oder wurden politisch verfolgt.
Am 27. Januar wird bundesweit der Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus begangen. Der Vorsitzende im CV-Rat, Dr. Claus-Michael Lommer (R-Bl), und der Vorortspräsident Simon Postert (H-RG) nehmen dies zum Anlass, an die Cartellbrüder zu erinnern, die Opfer und Verfolgte des Naziregimes waren. Neben diesen Glaubenszeugen gab es viele weitere Cartellbrüder, die Tod und Verfolgung wegen ihrer Haltung gegen die Naziherrschaft erlitten.
„Es ist nicht möglich, dass wir alle Cartell-und Bundesbrüder, die unter diesem Terrorregime gelitten und ihr Leben gelassen haben, namentlich aufführen,“ stellen Simon Postert und Claus-Michael Lommer fest, „aber wir wollen doch einige Mitglieder unseres CV an diesem Gedenktag herausheben.“
Beispielhaft nennen Simon Postert und Claus-Michael Lommer die folgenden Cartellbrüder:
Eugen Bolz wurde bei der AV Guestfalia Tübingen aktiv, hatte aber auch die Bänder der KDStV Bavaria Bonn und der KAV Suevia Berlin. Der Jurist war Politiker der Zentrumspartei, Staatspräsident des Volksstaats Württemberg und aktiv im Widerstand gegen die Nationalsozialismus tätig. Am 21. Dezember 1944 wurde Cartellbruder Bolz vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet.
P. Franz Reinisch SAC war Mitglied der KÖHV Leopoldina Innsbruck und der AV Rheno Guestfalia Kiel. Der Pallottiner, der auch Mitglied der Schönstatt-Bewegung war, weigerte sich, als Priester den Fahneneid auf Adolf Hitler zu leisten und wurde am 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet.
Karl Stützel war bayerischer Innenminister. Er überlebte zwar den Nazi-Terror, wurde aber wegen seiner schon früh gezeigten ablehnenden Haltung zur NSDAP und zu Adolf Hitler in der Nacht nach der Absetzung der bayerischen Staatsregierung durch die Nationalsozialisten aus seiner Wohnung verschleppt und im Münchner Braunen Haus misshandelt. 1925 hatte er ein Redeverbot gegen Adolf Hitler verhängt und sich um seine Ausweisung bemüht. 1930/31 erließ er ein Uniformverbot und verbot zeitweise SA und SS. Stützel war Mitglied der KDStV Aenania München, er hatte die Bänder der KAV Suevia Berlin und der KDStV Arminia Heidelberg. Zudem war er Gründungsmitglied der KDStV Trifels München und 1893 der KDStV Gothia Erlangen.
Fritz Bockius war Mitglied der VKDSt Hasso-Rhenania Gießen. Bevor er sein Studium der Rechtswissenschaften in Mittelhessen aufnahm, studierte er sieben Semester Theologie im Priesterseminar in Mainz. Der promovierte Jurist war Vorsitzender des hessischen Landesverbandes der Zentrumspartei sowie Mitglied des Reichstages. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Bockius in einer umfassenden Verhaftungsaktion, die auf Parteifunktionäre und Mandatsträger abzielte, festgenommen und verstarb im März 1945 im KZ Mauthausen.
Der Sel. Kardinal Clemens August Graf von Galen erhielt im Juni 1936 die Ehrenmitgliedschaft der heute an der Universität Göttingen beheimateten Forstverbindung Rheno-Guestfalia im CV. Der „Löwe von Münster“ starb kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach seiner Kardinalsernennung durch einen Blinddarmdurchbruch. Von Galen war ein konsequenter Verfechter von Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde gegenüber der Rassenideologie und dem Totalitätsanspruch des Naziregimes. Bekannt ist vor allem Graf von Galens Predigtreihe vom Sommer 1941, in der er das rechtlose Treiben der Gestapo und die als "Euthanasie"-Maßnahmen getarnten Mordaktionen des Hitler-Regimes brandmarkte. Der Berliner Gauleiter Alfred Meyer forderte dringend die Verhaftung des Münsteraner Bischofs. Martin Bormann, Stabsleiter bei Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, erwog, von Galen hängen zu lassen. Joseph Goebbels sprach sich dafür aus, keine katholischen Märtyrer während des Krieges zu schaffen und die Beseitigung von Galens auf die Zeit „nach dem Endsieg“ zu verschieben, da er Unruhen im Münsterland befürchtete.
„Das wehrhafte Eintreten für Demokratie und Freiheitsrechte aus dem katholischen Glauben heraus verbindet die Grundprinzipien des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen Religio und Patria. Mit ihrem Widerstand gegen den Nazi-Terror und den Zeitgeist sind die Cartellbrüder ein Vorbild auch für heutige Generation“, stellen die Spitzen des Cartellverbandes fest.