Forschung: die Hälfte spielt nicht mehr mit

Das 2. CV-Wissenschaftsforum zeigte, wo die Universitäten in Kürze stehen werden.
Das 2. CV-Wissenschaftsforum hat am Samstag, 29. April, in Frankfurt stattgefunden. Veranstalter war die CV-Akademie, Ort war das Senckenberg-Forschungszentrum für Biodiversität und Klima neben der Goethe-Universität. Rund 40 Cartellbrüder waren von überallher gekommen, die an Universitäten, Hochschulen und auch in der angewandten Wissenschaft forschend tätig sind oder waren. Auch Cbr Dr. Heiner M. Emrich (Nv), Vorsitzender im CV-Rat, war anwesend. Die Scientia-Veranstaltung lebte und blühte durch die Impuls-Statements der Cartellbrüder Prof. Dr. Peter Frankenberg (Cpf) und Prof. Dr. Bernhard Eitel (Nm), Rektor der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Weitere bemerkenswerte Akzente steuerte das Podium bei, an dem außerdem die Cartellbrüder Prof. Dr. iur. Johann-Christian Pielow (Wf) vom Institut für Bergrecht an der Ruhr-Universität Bochum und Prof. Dr. Patrick Windpassinger (Ae) vom Institut für Physik der Universität Mainz teilnahmen.
Bei Prof. Dr. habil. Michael Klein (Asc), Präsident der CV-Akademie, laufen alle Fäden zusammen. Der Wissenschaftsmanager und Cartellbruder hatte zu diesem 2. CV-Forum Wissenschaft in den gestuften Vorlesungssaal des Forschungszentrums nach Frankfurt eingeladen. Er möchte, wie er eingangs sagte, das Thema Scientia nach vorne bringen und in den Verbindungen verankern.
Zu Beginn des Forums gab Cbr Prof. Dr. Peter Frankenberg (Cpf) ein Statement zu maßgeblichen Themen, die die Lage der Universitäten und ihrer Bildung betreffen. Cbr Frankenberg, von 2001 bis 2011 Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg, sagte, es werde künftig etwa zehn Spitzenuniversitäten in Deutschland geben und viele Cluster. Die Exzellenzinitiative habe für eine hohe Mobilität in den Universitäten gesorgt.
Prof. Dr. Bernhard Eitel (Nm), Rektor der Universität Heidelberg, erwiderte auf die Ausführungen von Cbr Prof. Dr. Peter Frankenberg (Cpf), indem er auf die angerissenen Felder aus seiner Sicht einging. Exzellenz bedeutet laut Cbr Rektor Eitel herausragende Berufungen und die Rekrutierung der besten Studierenden. Sie ist keine Frage der schieren Größe. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) hat, ähnlich Stanford in den USA, etwa 10.000 Studierende. Der Exzellenz der Forschung wird in Deutschland die Exzellenz der Lehre folgen. Auf die Exzellenzinitiative folgt ab 2019 die Exzellenzstrategie. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sich die Universitätslandschaft erheblich "ausdifferenzieren" wird. Cbr Eitel begründete dies: Es gibt knapp 120 Universitäten in Deutschland. Davon haben sich nur 63 Universitäten überhaupt an dem Wettbewerb beteiligt, bei dem es darum ging, in die Exzellenzstrategie aufgenommen zu werden. Prof. Dr. Eitel: "Das heißt, die Hälfte der Universitäten in Deutschland sind nicht in der Lage oder haben nicht den Anspruch mitzuspielen. Sie sind nicht mehr universitär auf dem Niveau der anderen." Anders gesagt: "Etwa die Hälfte der deutschen Universitäten sind keine Forschungsuniversitäten (mehr) auf nationalem und internationalem Niveau."
Cbr Prof. Dr. iur. Johann-Christian Pielow (Wf) berichtete aus seiner Praxis als Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bergrecht an der Ruhr-Universität Bochum. Die Einwerbung der Drittmittel sei mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Was den Nachwuchs bei Promotionen betrifft, so ist zu bedenken, dass die Gehälter in der Praxis bis zu sechs Mal höher liegen als in der Wissenschaft. Vor allem drückte Cbr Pielow das Desiderat aus, dass sich CVer aktiver denn je mit wissenschaftspolitischen Positionen einbringen. "Hier gilt es auf alle Fälle, die Sichtbarkeit zu steigern." Er empfahl, junge Cartellbrüder in den Verbindungen für die Promotion und die Habilitation zu begeistern; gab aber auch zu bedenken, dass die jungen Leute "ganz anders ticken", eventuell konservativer eingestellt sind. Es ist auf jeden Fall wichtig, junge Leute für die Attraktivität der wissenschaftlichen Laufbahn zu sensibilisieren.
Als Physiker machte der Aenane Cbr Prof. Dr. Patrick Windpassinger vom Institut für Physik der Universität Mainz darauf aufmerksam, dass nicht allein Naturwissenschaften Wissenschaften sind. Er äußerte sich kritisch zu der Haltung, Forschungsstärke allein über Drittmittel zu definieren. Die Frage lautet: "Was ist überhaupt gute und starke Forschung?" Skeptisch stellte Prof. Windpassinger auch das "teaching buyout" im Umfeld der Exzellenzinitiative dar, wenn nämlich forschungsaktive Professoren über Jahre hinweg keine Lehre mehr anbieten und somit davon absehen, die neuesten Forschungserkenntnisse an die Studierenden zu bringen. Auf studentischer Seite hat sich die eigentliche Forschungsausbildung in die Zeit der Promotion verschoben. Die Studenten sollen aber schon während des Studiums aktiv sein.
(Prof. Dr. Veit Neumann)